„Die Zukunft wird gedruckt“, lautet das Motto einer aktuellen Kampagne der Druck- und Medienverbände. Die Argumente bleiben mitunter ein wenig an der Oberfläche.
Im Wirtschaftszweig „Herstellung von Druckerzeugnissen“ zählt die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid 89 Unternehmen. Knapp 50 davon sind in Wuppertal ansässig. Aus vielen kleinen Betrieben setzt sich regional der „Wirtschaftsfaktor Print“ zusammen – und der kann sich bundesweit sehen lassen: „Rund 155.000 Beschäftigte in 10.000 Betrieben fertigen Druckerzeugnisse mit einem Produktionswert von 14,3 Milliarden Euro. Addiert man die Werte der erbrachten Druckleistungen hinzu, kommt man auf einen Produktionswert in Höhe von 16,3 Milliarden Euro.“ Auch mit ihren derzeit 15.000 Auszubildenden leistet die Branche einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.
Kataloge für Onlineshops
Als Vertriebskanal spielt das Internet für die Druckindustrie eine wichtige Rolle. Im Jahr 2012 erzielten 1.300 Onlineshops einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite kurbelt der E-Commerce die Nachfrage nach Katalogen an. Mehr als sechs Millionen Kataloge, heißt es in der Kampagne, drucke Zalando, um online zu verkaufen. Der Otto-Konzern bietet auf der Seite „Unsere Katalogwelt“ gleich einen ganzen Bauchladen an Medien an, die die geneigte Besucherin sich zuschicken lassen kann.
Allerdings bleibt die Wirkung der Kataloge im Dunkeln. Die Verbände verweisen auf eine ältere Studie unter Onlineshoppern. Dort gaben 67 Prozent der Befragten an, in einem Katalog zu blättern, bevor sie online etwas bestellen. Im vergangenen Jahr hat das E-Commerce-Center Köln (ECC Köln) knapp 700 Käufer befragt, ob sie sich vorher über ein Printmedium informiert haben. Lediglich 9,6 Prozent bejahten das. Hier schöpfen die Druck- und Medienverbände die Möglichkeiten im Rahmen ihrer Kampagne nicht aus. Dass Kataloge in rauen Mengen gedruckt und verteilt werden, sagt letztlich genauso wenig über die Wirkung wie nicht belastbare Umfrageergebnisse. Weshalb bringen die Printprofis keine Beispiele für gelungene Vertriebs- und Marketingkampagnen, die gedruckte Medien und das Web verbinden? Stattdessen Zahlen zum Einsatz von (gedruckten) QR-Codes, deren Wirkung ich für begrenzt halte.
Print verbindet reale und virtuelle Welt
In der Präsentation zur Kampagne heißt es: „Die reale Welt, in der gedruckt wird und in der man Dinge anfassen und riechen und schmecken kann, wächst immer mehr mit der virtuellen Welt der Bits und Bytes zusammen. Die virtuelle Welt wird real, die reale Welt geht online. Der Mittler zwischen den beiden Welten ist Print.“ Stimmt. Druckereien wie beispielsweise Ley + Wiegandt bestätigen, wie es in der Kampagne heißt: „Print erfindet neu. Die Innnovationskraft der Druckindustrie bringt immer wieder neue Verfahren, Techniken, Produkte und Gestaltungsformen hervor.“
Gedruckte RFID-Chips, Fernsehzeitung mit integriertem Video-Display: Gemeinsam mit Kommunikationsabteilungen und -dienstleistern ist die Druckindustrie gefordert, Ideen für den strategischen Einsatz „neuer“ Druckmedien zu definieren und das Zusammenspiel crossmedialer Kommunikation zu gestalten. Fernsehzeitungen empfinde ich als wenig komfortabel im Vergleich zu einer digitalen Programmübersicht, wo Trailer ganz selbstverständlich ihren Platz haben. Was ist aber beispielsweise mit Imagefilmen? Ersetzt ein guter Imagefilm eine schön gemachte, hochwertige Imagebroschüre? Sie sollten sich ergänzen.
Print kann man hören?
„Print berührt die Sinne“, so ein weiteres Argument aus der Kampagne. Tatsächlich gibt es Broschüren, die nicht nur toll aussehen, sondern wunderbar in der Hand liegen. Ein gedrucktes Werbemittel auf dem Schreibtisch lässt sich nicht einfach wegklicken – und wenn es gut gemacht ist, landet es auch nicht so schnell im Altpapier. Das Gehör allerdings wird digital deutlich besser berührt. In der Passage „Print kann man hören“ ist von Melodien die Rede, die dem Papier „entlockt“ werden. Das gab es doch schon mal: diese Geburtstagskarten, aus denen ein schrilles „Happy Birthday“ quäkte. Nein, dafür brauche ich Print nicht. Dann doch lieber You Tube. Eine interessante Frage wäre allerdings, wie sich in der realen Welt Videos teilen lassen. Beispielsweise über USB-Cards. Und die werden… richtig: bedruckt!