Value Branding: Wie entstehen Technologiemarken?

„Vom hochwertigen Produkt zur wertvollen Marke“ lautet der Untertitel des neuerschienenen Fachbuchs „Value Branding“ . Darin erfahre man, so der Haufe-Verlag, wie es Technologieunternehmen gelingt, ihre anspruchsvollen Güter als Marken greifbar zu machen. Hält Autor Jürgen Gietl, was der Verlag verspricht? Eine Rezension.

(c) Haufe-Lexware GmbH & Co. KG
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„Das erste Fachbuch für Technologiemarken“: Recht forsch bewirbt Autor Jürgen Gietl sein Werk auf der Website Brand Trust .  Die Tatsache, dass Technologiemarken anders als Konsumgüter- oder Handelsmarken funktionieren, sollte man allerdings nicht überbewerten. Was für eine stringente Markenführung im Allgemeinen gilt, trifft sicher auch auf Technologiemarken zu. Jürgen Gietl hingegen betont nicht nur den Gegensatz zwischen B2B- und B2C-Marken, er spielt auch letztere gegen erstere aus. Zwischenüberschriften und Bemerkungen wie diese durchziehen das gesamte Buch: „Spitzentechnologie braucht keinen Werbehokuspokus“ (Seite 64).

Den braucht kein Produkt und keine Dienstleistung – und keine Marke: „Was Marken […] vor allem benötigen, sind unvergleichbare, beweisbar überlegene und einzigartige Spitzenleistungen. Nachhaltig erfolgreiche, führende Marken nutzen Werbung nur zur Sicherung der Markenattraktivität, nicht zum Aufbau der Marke. Erst wenn Sie etwas geleistet haben, können Sie es auch über sämtliche Markenkontaktpunkte kommunizieren.“ (Seite 35) Das ist so richtig wie banal.

Wie gelingt es nun, auf Spitzenleistungen basierende Marken zu etablieren? In 20 Handlungsgrundsätzen beschreibt der Autor das Vorgehen umfassend, anschaulich und mit vielen Beispielen. Zunächst gilt es, die Spitzenleistungen, die Existenzberechtigung des Unternehmens, zu identifizieren. Keinesfalls neu, aber sicher bedenkenswert die Erkenntnis: Marketing und Vertrieb müssen an einem Strang ziehen. Alle Marketingmaßnahmen dienen dem Vertrieb. Der Vertrieb wiederum trägt – bestenfalls in einem strukturierten Innnovationsprozess – Marktanforderungen und Einschätzungen von Kunden ins Unternehmen zurück.

Auswege aus der „Komplexitätsfalle“

Zu Recht warnt Jürgen Gietl eindringlich vor der „Komplexitätsfalle“. Je technischer und softwarelastiger Produkte sind, desto schwerer fällt es deren Entwicklern und Produzenten, sie in ihrem Nutzen für die Außenwelt nachvollziehbar zu erklären. Mit Übungen wie dem „Wertetrichter“ und dem „Ein-Wort-Kompressor“ (die plakativen Namen sind sicher Geschmackssache) gibt er Unternehmen Möglichkeiten der Selbstreflexion – als Basis des Markenaufbaus beziehungsweise der Schärfung des Markenkerns – an die Hand.

Erhellende Seitenblicke, etwa wie das Zusammenspiel mit Partnermarken gelingen kann, ergänzen den Band sinnvoll. Die Grundaussage („Konzentrieren Sie sich auf Ihre Spitzenleistung“) hätte Jürgen Gietl knapper und damit für den Fachleser „besser verdaubar“ formulieren können. Bisweilen hatte ich das Gefühl, immer neue Varianten desselben Gedankens präsentiert zu bekommen. Die Praxisbeispiele geraten allzu ausführlich und bestehen nicht selten aus langen Zitaten. Ergänzt um einige Online-Arbeitshilfen ist „Value Branding“ alles in allem zu empfehlen. Der Perspektivwechsel hin zum eigenen Leistungskern ist mit dem Buch gut nachvollziehbar. Die Umsetzung der Erkenntnisse wird sicher am besten gelingen, wenn man Fachleute aus Öffentlichkeitsarbeit und Marketing heranzieht – es müssen ja nicht die „Markengurus“ sein, vor denen der Autor so eindringlich warnt.